Die Senkung des Stimmrechtsalters wurde im Kanton Bern letztmals im Jahr 2009,
anlässlich der Volksabstimmung «Stimmrechtsalter 16» breit diskutiert. Die
Berner Stimmbevölkerung hat das Anliegen überdeutlich mit 75.4%
abgelehnt. Alle Bernischen Gemeinden haben die Vorlage damals abgelehnt. Es
ist undemokratisch, das Anliegen jetzt schon wieder aus der Schublade zu nehmen.
Die Diskussion über das Stimmrechtsalter 16 wird auch in anderen Kantonen und
auf Bundesebene immer wieder geführt. Das Anliegen hatte, mit Ausnahme des
Kantons Glarus (Landsgemeinde), bisher keinen Erfolg in Parlamenten oder bei
Volksabstimmungen. So lehnten die Kantone Aargau, Zürich (2x), Luzern, St.
Gallen, Freiburg, Basel-Stadt und Uri ähnliche Vorstösse oder
Abstimmungsvorlagen ab. Dass sich die gesellschaftliche Einstellung zum
Stimmrechtalter 16 in den vergangen zwölf Jahren kaum verändert hat, zeigen die
erst kürzlich abgelehnten Vorlagen in den Kantonen Basel-Landschaft und Zürich.
Im Kanton Zürich wurde das Stimmrecht für 16-Jährige am 15. Mai diesen Jahres
mit 64.8% deutlich verworfen. Im Kanton Basel-Landschaft schickte das
Stimmvolk die Forderung der Juso und Jungen Grünen nach einer Senkung des
Stimmrechtsalters auf 16 Jahre sogar mit 84,5% bachab.
Der Grosse Rat des Kantons Bern scheint somit einmal mehr komplett am Volk
vorbei zu politisieren.
Die politische Schulbildung ist mit 16 Jahren noch nicht ausgereift, da an der
Volkschule Politik keinen nennenswerten Stellenwert hat. Erst in der
Berufsfachschule oder im Gymnasium setzen sich die jungen Bürger mit dem
politischen System der Schweiz vertieft auseinander. Auch sind junge Personen
noch eher zu beeinflussen, weshalb das Stimmrecht das falsche Mittel ist, um
die junge Bevölkerung politisch partizipieren zu lassen. Jungparteien kommt hier
eine wichtige Rolle zu! Junge interessierte Bürger können sich einer Jungpartei
anschliessen und sich dort politisch entfalten und weiterentwickeln. Auch erreichen
die verschiedenen Jungparteien die Minderjährigen mit ihren Kanälen (Soziale
Medien) und ihrer adressatengerechteren Sprache besser als «konventionelle»
Parteien. Es ist deshalb Aufgabe der Jungparteien, unsere Politiker der Zukunft zu
fördern, vorzubereiten und mittels Anlässen, Projekten, Parolenfassungen, usw.
bestmöglich auf die kommenden politischen Diskussionen einzustimmen. Es
braucht keine bürokratische Einführung von Stimmrechtsalter 16, um die politische
Teilnahme von jungen Menschen zu fördern. Dafür ist das Stimmrecht ohnehin zu
wichtig.
Obwohl es erwiesen ist, dass ein Grossteil der jungen Bevölkerung bürgerlich
wählt, sind die Absichten der Befürworter von der Senkung des Stimmrechtsalters
durchschaubar. So sind in der Motion (M 108-2019) der Grünen, welche für die
bevorstehende Abstimmung verantwortlich sind, klare politische Absichten
erkennbar. Der grüne Motionär rechtfertigt sein Anliegen in erster Linie mit der
schweizweiten Klimabewegung. So begründet er, dass sich junge Menschen,
darunter viele 16- und 17-Jährige, mit zentralen Zukunftsthemen
auseinandersetzen und von Politikern fordern würden, dass sie Massnahmen «zum
Schutz von Natur und Klima, für Bildung, Frieden und soziale Gerechtigkeit»
ergreifen sollen. Wie desweitern im Vortrag zur Sitzung des Regierungsrates vom 2. September
2020 (Geschäftsnummer: 2020.STA.457) zu entnehmen ist, hat die Forderung
nach einer Senkung des Stimmrechtsalters «gerade mit der Klimastreikbewegung»
an Aktualität gewonnen. Im 11-Seitigen Vortrag wird das Wort «Klima»,
welches eigentlich komplett themenfremd ist, nicht weniger als 6 Mal
erwähnt.
Weiter begründet der Motionär: «Mit der schweizweiten Klimabewegung von
Schülerinnen und Schülern bestätigen diese jungen Menschen, dass sie politisch interessiert sind und Verantwortung tragen können.». Somit ist offensichtlich,
dass es den Treibern des Stimmrechtsalters für Minderjährige in erster Linie
darum geht, die eigene Wählerbasis stärken zu wollen. Sie rechnen sich
Chancen aus, künftig mehr Stimmkraft bei Wahlen und Abstimmungen in der
Hinterhand zu haben. Das Stimmrechtsalter 16 soll als trojanisches Pferd
genutzt werden, um sozialistische, grüne Anliegen der Klimabewegung
mehrheitsfähig zu machen. So erstaunt es denn auch nicht, die Namen und Parteizugehörigkeiten jener
Politiker auf Bundesebene zu studieren, welche in den vergangenen Jahren mit
diversen Vorstössen zum Stimmrechtsalter 16 auf sich aufmerksam machten. Es
handelt sich hierbei um die damalige National- und heutige Regierungsrätin Evi
Allemann (SP), Nationalrat Mathias Reynard (SP), Nationalrätin Lisa Mazzone
(Grüne) sowie Nationalrätin Sibel Arslan (Grüne).
Heute ist die Volljährigkeit, die Sanktionierung nach Erwachsenenstrafrecht und
das Stimm- und Wahlrecht bei 18 Jahren festgelegt. Mit der geplanten Senkung
im Kanton Bern soll das Stimmrecht von der Volljährigkeit entkoppelt werden.
Der Kanton Bern befindet also über ein Stimmrecht für Minderjährige. Weiter
soll für das aktive Stimm- und Wahlrecht und für das passive Wahlrecht ein
unterschiedliches Stimmrechtsalter gelten. Aus Sicht des Nein-Komitees ist
das unlogisch und falsch. Im Kanton Bern könnten 16-Jährige zwar bereits an
kantonalen und kommunalen Wahlen, Abstimmungen und
Gemeindeversammlungen teilnehmen (aktives Stimm- und Wahlrecht) sowie
Wahlvorschläge, Referenden, Volksvorschläge und Initiativen unterzeichnen und
einreichen, nicht aber für ein Amt kandidieren. Sprich ein 16-Jähriger würde
an einer Gemeindeversammlung die entscheidende Stimme sein können, ob z.B.
das nächstjährige Budget in Millionenhöhe angenommen werden soll, darf aber
nicht in eine Kommission gewählt werden, in welcher über die Anschaffung neuer
«Robidog-Seckli» befunden wird. Auch könnten Minderjährige künftig über den
kommunalen und kantonalen Steuerfuss befinden, müssen seit Kurzem jedoch
keine Steuererklärung mehr ausfüllen (erst ab Volljährigkeit). Diese Diskrepanz
der Logik zeigt überdeutlich auf, dass selbst die Befürworter von
Stimmrechtsalter 16 nicht genug Vertrauen in die 16-Jährigen haben.
Sonst würden sie wollen, dass sich diese auch in Ämter wählen lassen dürfen. Desweitern würde mit der Senkung des Stimmrechtalters auf kantonaler und
kommunaler Ebene eine Differenz zum Stimmrecht auf eidgenössischer Ebene
geschaffen. An eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen könnten weiterhin nur
Schweizerbürger teilnehmen, die das 18. Lebensjahr erreicht haben.
Diese Unterscheidung sowie das Auseinanderfallen von aktivem und passivem
Stimmrecht würde zu Mehraufwand bei der Führung des Stimmregisters
sowie beim Versand der Wahl- und Abstimmungsunterlagen führen. Die 16-
und 17-Jährigen müssten je nach Urnengang mit unterschiedlichen
Abstimmungs- oder Wahlunterlagen bedient werden. Nehmen wir als Beispiel
die nächsten eidgenössischen Wahlen 2023: Das eidgenössische Parlament
besteht aus National- und Ständerat. 16- und 17-Jährige dürften nach Annahme
des Stimmrechtsalters 16 zwar die Mitglieder des Stände- nicht jedoch des
Nationalrats wählen. Beschädigen wir das solide Gebilde der demokratischen
Instrumente mit dieser Vorlage also nicht unnötig!
© Junge SVP Kanton Bern